Straßenerneuerung im Flecken

Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung – Erhöhung Grundsteuer B

 Verfasser: Lothar Meyer (Dipl. Bauingenieur FH)

 Die Wählergemeinschaft WfB wurde 2006 von empörten Bürgern gegründet, die die Bezahlung der Straßenerneuerung durch die Anlieger als ungerecht empfanden.

Ein Ziel war daher: Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung. Wir wurden im selben Jahr in den Fleckenrat gewählt. Es hat 9 Jahre Überzeugungsarbeit innerhalb des Rates gebraucht, um dieses Ziel zu erreichen.

In der Ratssitzung im März 2015 wurde die Straßenausbaubeitragssatzung mit den Stimmen der Mehrheitsgruppe (SPD/WfB/Grüne) gegen die Stimmen der CDU/Rentnerpartei erfolgreich für den Flecken Bardowick abgeschafft.

Zu Bedenken bleibt hierbei: Jeder Rat kann mit seiner Mehrheit die Satzung wieder einführen bzw. eine neue Satzung  in Anlehnung  der Neuerungen des NKAG Niedersächsisches Kommunal Abgaben Gesetz) beschließen.

 Für die nächsten Jahre sind diverse Straßenbaumaßnahmen im Flecken Bardowick vorgesehen. Diese Baumaßnahmen sind seit Jahren dringend erforderlich. Sie hätten ohne Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung in der Regel Ausbaubeiträge nach der damals gültigen Straßenausbaubeitragssatzung ausgelöst. Die prozentuale Beteiligung der betroffenen Anlieger richtet sich hierbei nach  der Satzung und beträgt je nach erneuerter/verbesserter Teileinrichtung zwischen 70 % für z.B. Parkflächen, 60 % für z.B. Gehwege, 50 % für z.B. Beleuchtungs- und Entwässerungseinrichtungen und 40 % für z.B. Fahrbahnen. Ein Beitragssatz von ca. 8,00/9,00 € entspricht in der Regel durchaus der Realität. Das bedeutet für ein 1000 m² großes Grundstück  werden 8.000,00 € bis 9.000,00 € Straßenausbaubeitrag fällig.

Die tatsächliche Höhe des Beitragssatzes steht hierbei immer in Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren, wie z.B. Größe des Abrechnungsgebietes, Herstellungskosten, Art/Maß der Nutzungen.

 Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ist in der Öffentlichkeit in den letzten Jahren immer mehr in die Diskussion geraten. Letztlich wurde am 30.09.2014 in der Sendung „Report München“, ARD, zu diesem Thema eine Reportage gesendet. Hier wurden sehr anschaulich die persönlichen Auswirkungen von Beitragserhebungen in Barsinghausen und im fränkischen Laichendorf dargestellt.

In Niedersachsen wurde schon vor Jahren die Rechtspflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen nach NKAG aufgehoben. Beiträge können somit erhoben werden, müssen es aber nicht. Viele niedersächsische Gemeinden haben die Straßenausbaubeitragssatzung in den letzten Jahren aufgehoben, so z.B. Tostedt, Egestorf, Neu Wulmstorf, Garstedt, Rosengarten, Winsen/Luhe, Jesteburg, Barsinghausen (Satzung ausgesetzt), Amelinghausen, Wittorf, Bardowick etc.. Auch in der Landeshauptstadt Hannover gab es 2014 bereits politische Überlegungen der CDU-Fraktion zur Aufhebung der Satzung.

Ferner hat die Stadt München die Satzung ebenso wie die Stadt Dresden abgeschafft.

Ein Ländervergleich zeigt, dass es auch hier unterschiedliche Regelungen gibt. Baden-Württemberg und Berlin haben sogar die gesetzliche Grundlage zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen in Gänze abgeschafft.

Grundlage für die bisherige Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ist bisher das sog. „Vorteilsprinzip“. Es wird davon ausgegangen, dass die jeweiligen Grundstückseigentümer individuell je nach Grundstücksgröße und Art/Maß der Bebaubarkeit von einem Ausbau bevorteilt sind. Dies bedeutet jedoch in der Konsequenz, dass ein Ausbau eigentlich auch hauptsächlich den Bedürfnissen der direkten Anlieger angepasst sein müsste.

Benötigt wird jedoch ein leistungsfähiges Straßen- und Wegenetz, welches sowohl privaten Straßenverkehr als auch den ÖPNV, die Radfahrer und Fußgänger und auch die Interessen der Gemeinde im Rahmen der Daseinsfürsorge berücksichtigt. Hierbei muss ein gesamtes Straßensystem betrachtet werden und nicht nur Teile davon. Nur bei einer Gesamtbetrachtung, kann langfristig eine den allgemeinen Interessen entsprechende Entwicklung der Infrastruktur gefördert werden.

Hinzu kommt, dass die bisherige Abrechnungsmethode durch unterschiedliche Bauweisen und Örtlichkeiten, die sich auch durch die Erfüllung von öffentlichen Pflichten ergeben, zu erheblichen Unterschieden bei den individuellen Beiträgen führen.

Diese Ungerechtigkeiten konnten durch die Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung und zeitgleicher Anhebung der Grundsteuer B ausgeräumt werden. Zukünftig würde so das Straßensystem als Ganzes betrachtet werden.

Letztmalig wurde eine derartige Vorgehensweise vom VG Lüneburg 2011 (Urteil vom 3.3.2011, 2 A 337/09) bestätigt. Hierbei wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber den Kommunen die Entscheidungsbefugnis einräumen möchte, ob  Straßensanierungen über Beiträge oder Steuern finanziert werden sollen.

Es bleibt festzustellen, dass die Anlieger für Straßenausbaubeiträge bei gültiger Straßenausbaubeitragssatzung herangezogen werden müssen. Sie aber keine Mitbestimmung über die Möglichkeit der Nutzung  ihrer Straße (Schwerlastverkehr, Busverkehr usw.) haben, da die Nutzungsart  die Lebensdauer der Straßen nicht unerheblich beeinflusst. Auch muss bedacht werden, dass nach Abschreibungsdauer der Straße (in Niedersachsen ca. 26 Jahre) die Straße im Falle einer Erneuerung wieder veranlagt werden muss.

Die Anlieger haben auch keine Möglichkeit auf die ordnungsgemäße Unterhaltung der Straße einzuwirken. Sollte die Kommune  eine halbwegs intakte Straße „verkommen lassen“ und eine einfache Unterhaltungsmaßnahme nicht mehr ausreichend sein, werden die Anlieger über eine beitragsfähige Grundsanierung zur Kasse gebeten. Man darf aber auf keinen Fall die Straßenausbaubeitragssatzung mit einer erstmaligen Erschließung gem. Erschließungbeitragsrecht verwechseln. Hierbei werden die „neu erschlossenen Anlieger“ mit 90 % der Erschließungskosten belastet.